Regelmäßig fischt Stefan Riebel einen Eindringling aus dem Bodensee: den Kamberkrebs. Der verheddert sich immer wieder in den Netzen und Reusen des Reichenauer Fischers und dessen Familie, die in der Seestraße einen Fisch-Imbiss betreibt. Beim Herauslösen passiert es nicht selten dass der Flusskrebs diese – zack – mit seinen Scheren zerschneidet.
In den frühen 1980er Jahren kam der Kamberkrebs im Bodensee an, rund um die Mainau wurde er erstmals beobachtet. „Vielleicht kamen sie zusammen mit Fischbesatz hierher zu uns“, sagt Riebel. „Genau weiß das niemand.“ Inzwischen ist er die häufigste Flusskrebsart in Mitteleuropa. Seither breitet er sich kontinuierlich aus und kommt im gesamten See vor, insbesondere im flachen Untersee fühlt er sich wohl.
Wie viele es sind, ist nicht bekannt. Doch sie sind da, auch wenn wir die Kamberkrebse selten mit dem bloßen Auge im Wasser zu sehen bekommen. Und es werden immer mehr.
Obwohl die Kamberkrebse die Krebspest übertragen können und damit die Bestände einheimischer Krebse dramatisch bedrohen, haben sie auch einen Nutzen: Sie dienen Raubfischen wie Aal, Hecht und Barsch als Nahrung. „Oft finden wir in den Mägen der gefangenen Fische noch ganze Krebse vor“, erzählt Fischer Urs Riebel.
Raubfischen dient der Krebs also als Nahrung – für uns Menschen ist jedoch zu wenig Fleisch dran und das Bisschen lässt sich nur sehr schwer herauspulen. Doch als Grundlage für eine Flusskrebssuppe ist der Eindringling ideal. Was liegt da näher, als die Kamberkrebse einfach für den kulinarischen Zweck zu nutzen?
Urs Riebel ist bekannt für seine Fischsuppe – aber auch seine Bisque, also eine geschmacksintensive pürierte Suppe, die eigentlich aus Hummern oder anderen Krustentieren gekocht wird, ist ein Gaumenschmaus. Statt der Hummer nimmt er den Kamberkrebs, als Einlage asiatische Garnelen. SÜDKURIER-Hincooker Andreas Schuler darf ihm assistieren.
Schritt 1: Fond ansetzen
Die Flusskrebse, die erst betäubt und anschließend schockgefroren wurden, in einem Ofen mit Umluft rund eine Stunde bei 180 Grad anrösten. Das Gemüse in nicht zu kleine Stücke schneiden und in Öl scharf anbraten. Mit dem Weißwein ablöschen. Fischfond, Wasser und die Krebse hinzugeben.
Das Ganze mehrere Stunden köcheln lassen – drei bis vier Stunden sind für die Menge ideal, damit der Geschmack der Krebse komplett in den Fond übergeht. Hinterher die Flüssigkeit mehrmals durch ein Sieb geben.
Schritt 2: Einlagen zur Verdickung ansetzen
Gemüse in kleinere Stück schneiden und mit dem Tomatenmark in Öl anbraten. Mit Cognac, Sherry und Weißwein ablöschen, Krebsfond oder Fischfond sowie Gewürze und Zitrone hinzugeben. Das Ganze eine Stunde köcheln lassen, anschließend pürieren und Sahne hinzugeben.
Schritt 3: Garnelen-Einlage zubereiten
Die Garnelen schneiden sowie mit Salz, Chili und Paprikapulver würzen. Zusammen mit der klein geschnittenen roten Zwiebel und Knoblauch in Olivenöl anbraten. Mit Bourbon ablöschen und mehrere Minuten reduzieren. Die Garnelen in die Krebssuppe geben und mit Petersilie und Schnittlauch garnieren.
Die Zubereitung dauert rund fünf Stunden. Die Krebssuppe erhält so eine gute Sämigkeit, die natürlichen Aromen der Tiere werden abgerundet durch die des Gemüses und der eingekochten Spirituosen sowie des Weißweins.
So entsteht ein Geschmackserlebnis auf Basis invasiver amerikanischer Flusskrebse. Gegen deren Verbreitung werden wir mit unserer Suppe allerdings machtlos bleiben– es sei denn, die Kamberkrebssuppe macht Schule.
Doch gemach, gemach, es wird so schnell keine professionelle Verköstigung von Flusskrebssuppen geben am Bodensee. Der Aufwand wäre zu groß und die Tiere zu klein. Denn: Die Krebse müssten fein säuberlich gereinigt und ihr Darm einzeln entleert werden, 15 Euro Ertrag pro Kilogramm wären dann möglich, sagen die Riebels, „doch dafür fangen wir wiederum zu wenige und um eine Suppe wie unsere hier zuzubereiten, benötigen wir den Fang von rund zwei Wochen“.
Schade eigentlich.